Inhalte
Komplexität des Themenfeldes
Die UVP hat sich als Standardinstrument zur Abschätzung der Umweltfolgen etabliert. Anwendungsbereich und inhaltlich-methodische Anforderungen entwickeln sich kontinuierlich fort. Damit nimmt auch die Komplexität des Instrumentes ständig zu.
Bei Großprojekten ist die UVP oft verbunden mit weiteren umweltpolitischen Instrumenten wie z.B. der Landschaftspflegerischen Begleitplanung, der FFH-Verträglichkeitsprüfung, der artenschutzrechtlichen Prüfung oder dem wasserrechtlichen Fachbeitrag. Hinzu kommen weitere Fachgutachten wie z.B. zum Immissionsschutz oder zu den Klimafolgen. Die UVP bündelt und integriert die Ergebnisse aller Instrumente und übergibt sie dem Entscheidungsprozess als wichtigen Abwägungsbelang. In unseren Seminaren vermitteln wir Ihnen die notwendige Orientierung.
UVP-Verfahren
Die UVP ist kein eigenständiges Verfahren, sondern integraler Bestandteil von Zulassungsverfahren – wie z.B. Planfeststellungsverfahren für Projekte der Infrastruktur oder für immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren. In diese Verfahren sind die neuen Elemente und Anforderungen der UVP zu integrieren.
Die zentralen Elemente des UVP-Verfahrens zeigt nebenstehendes Ablaufschema. Seit 2017 sind die Überwachung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen sowie die Kontrolle der Umsetzung und Wirksamkeit der Abhilfemaßnahmen (Monitoring) Bestandteile des Prozesses. Zudem sind die Schutzgüter Fläche und Bevölkerung neu und das Schutzgut Klima hat eine Erweiterung um globale Aspekte erfahren (siehe 'Inhalte der UVP').
Die UVP endet mit der Bewertung der Umweltauswirkungen und übergibt die UVP-Ergebnisse dem Trägerverfahren, in dem die in der UVP gebündelten Umweltbelange in der Entscheidung angemessen zu berücksichtigen und abzuwägen sind.
Im Seminar erfahren Sie, wie mit den neuen Anforderungen umzugehen ist.
Inhalte der UVP
Inhaltlich geht es in der UVP um die frühzeitige und umfassende Ermittlung der voraussichtlichen erheblichen Umweltfolgen des zu prüfenden Vorhabens. Die Anforderungen an die Untersuchung der Auswirkungen auf die UVP-Schutzgüter – dargelegt im UVP-Bericht – werden im Zuge der Novellierungen von UVP-RL und UVPG immer anspruchsvoller und können durch nebenstehende Grafik veranschaulicht werden.
Immer bedeutsamer wird die Berücksichtigung von kumulativen Wirkungen, die durch andere Vorhaben oder Aktivitäten im selben Wirkraum ausgelöst werden und die projektbedingten Effekte verstärken können. Auch Flächeninanspruchnahmen, Störfälle und Katastrophen, globale Klimaeffekte sowie vulnerable Bevölkerungsgruppen sind im UVP-Bericht zu berücksichtigen.
Methoden der UVP
Methoden der UVP beziehen sich vor allem auf die fachgutachterlichen Arbeitsschritte bei der Erstellung des UVP-Berichts:
- Identifikation der projektbezogenen Wirkfaktoren und Erfassung der Schutzgüter
- Prognose der Schutzgutveränderungen
- Identifikation vernünftiger Alternativen
- fachliche Bewertung der Auswirkungen
- schutzgutbezogener und schutzgutübergreifender Variantenvergleich
- Handlungsempfehlungen zur Überwachung der Umweltauswirkungen
Grundsätzlich gilt in der UVP Methodenoffenheit. Allerdings existieren für viele Bereiche fachliche Standards. So z.B. bei der Kartierung von bestimmten Tierartengruppen oder der Art und Weise, wie Auswirkungen aufgrund von Schallimmissionen oder Schattenwurf zu berücksichtigen sind. Für Großprojekte mit mehreren Alternativen und entsprechender Anzahl an schutzgutbezogenen Kriterien steht häufig die Methodik des Variantenvergleichs im Fokus. Hier sind unter Umständen mehrere hundert Teil-Bewertungsvorgänge notwendig. Diese Informationsmenge kann in der Regel nur mit formalisierten, regellbasierten Verfahren nachvollziehbar aggregiert werden.
UVP-Qualitätsmanagement
Nicht nur bei der Untersuchung der Auswirkungen und der Erstellung des UVP-Berichts durch den Fachgutachter ist methodisches Vorgehen wichtig, auch die Behörde sollte insbesondere bei der Vollständigkeitsprüfung der Antragsunterlagen systematisch vorgehen. Ebenso stellen bei Großprojekten immer mehr Vorhabenträger sicher, dass die Unterlagen vor der Übermittlung an die verfahrensführende Behörde intern auf Qualität und Vollständigkeit bezogen auf die fachrechtlichen Anforderungen und die gute fachliche Praxis geprüft werden.
Wie eine systematische Vollständigkeits- und Plausibilitätsprüfung der Unterlagen im Rahmen eines effektiven Qualitätsmanagements durchgeführt werden kann, wird Ihnen anhand von Beispielen und praxisorientierten Arbeitshilfen wie z.B. Prüfprofilen aus der Praxis eines UVP-Sachverständigen und Qualitätssicherers vermittelt.
Aktuelles aus der Gesetzgebung
Aktuelle umweltpolitische Aktivitäten der Bundesregierung mit Bedeutung für die UVP sind vor allem Maßnahmen zur Planungsbeschleunigung. Hier eine Auswahl:
- Planungsbeschleunigungsgesetz (29.11.2018)
Vorläufige Anordnung von Maßnahmen zur Baufeldfreimachung; Plangenehmigung statt Planfeststellung >Gesetz - Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz (MGvG) (22.3.2020)
Sonderregelung für aktuell 29 Infrastrukturprojekte, die durch Gesetz zugelassen werden, d.h. der Bundestag genehmigt ('Legalplanung'); Rechtsschutz entfällt, kein Zugang für Umweltverbände und Betroffene zum Bundesverwaltungs- und Bundesverfassungsgericht (Gesetz wurde mit Gesetz vom 28.12.2023, s. u., wieder aufgehoben) - Investitionsbeschleunigungsgesetz (3.12.2020)
Beschleunigung klimafreundlicher Projekte; keine aufschiebende Wirkung von Anfechtungsklagen bei Windenergievorhaben >Gesetz - LNG-Beschleunigungsgesetz (24.5.2022)
UVP-Verzicht wegen Gasversorgungskrise; Festsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bis zu 2 Jahre nach Zulassung >LNGG - Gesetz zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht (4.1.2023)
Privilegierung von Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff (z.B. WEA + Speicher); keine optische Bedrängung bei Mindestabstand 2-fache Gesamthöhe WEA; Ausbau erneuerbarer Energien auf Tagebaufolgeflächen >Gesetz - Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes und anderer Vorschriften (22.3.2023)
Ersatz des ROV durch Raumverträglichkeitsprüfung (RVP); Ende der RVP nach 6 Monaten, auch wenn Gutachten der Behörde noch nicht vorliegt >ROGÄndG -
Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich und zur Umsetzung der RL (EU) 2021/1187* über die Straffung von Maßnahmen zur rascheren Verwirklichung des transeuropäischen Verkehrsnetzes (28.12.2023)
Digitalisierung der Verfahren (Unterlagen, EÖT) bei Straße, Schiene, Wasserstraße; 4-Jahresfrist für Genehmigungen für bestimmte Vorhaben; FStrAbG mit Anlage 2 und 138 Straßenplanungen (Bau/Änderung einer Bundesfernstraße) mit „überragenden öffentlichen Interesse“; MGvG wird aufgehoben >Gesetz -
Gesetz zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht (3.7.2024)
(Fakultativer) Online-Erörterungstermin; Einführung eines Projektmanagers als Verwaltungshelfer; Monatsfrist für Stellungnahmen berührter Behörden, keine Verlängerungsmöglichkeit bei EE-Anlagen; Vollständigkeitsfiktion für den Fristbeginn durch Änderung von § 7 (1) der 9. BImSchV >Gesetz
In unseren Seminaren werden Sie auf den aktuellen Stand gebracht.
Aktuelles aus der Rechtsprechung
- EuGH-Beschluss C-596/22 vom 28.3.2023
Nicht nur gleichartige Projekte können kumulieren (Rn. 31 unter Hinweis auf die EuGH- Entscheidung „Staßwalchen“, oben Nr. 192). Das Kriterium in § 10 Abs. 4 Satz 1 UVPG „Vorhaben derselben Art“ ist folglich europarechtswidrig.
Das Kriterium für das Vorliegen einer Kumulierung in § 10 Abs. 4 Satz 3 UVPG für technischen Anlagen, diese müssten „mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden“ sein, verstößt gegen EU-Recht (Rn. 32). -
EuGH-Urteil C-575/21 vom 25.5.2023
Bei der Vorprüfung zur UVP-Pflicht sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle Auswahlkriterien des Anhangs III anzuwenden: Kriterien zu den Merkmalen des Projekts, des Standorts und der potenziellen Auswirkungen. Kriterein bzw. Schwellenwerte, bei denen z.B. nur die Größe des Projekts berücksichtigt wird, sind nicht vereinbar mit der UVP-RL. Damit ist fraglich, wie lange die Vorprüfungssystematik im UVPG, die in standortbezogene (Teilmenge der Kriterien) und allgemeine Vorprüfung (alle Kriterien) differenziert, noch Bestand haben kann. -
§ 13b BauGB ist mit Unionsrecht unvereinbar (PM des BVerwG vom 18.7.2023)
"Freiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs einer Gemeinde dürfen nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung überplant werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Der Antragsteller, eine gemäß § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan der Antragsgegnerin. Dieser setzt für ein ca. 3 ha großes Gebiet am südwestlichen Ortsrand der Gemeinde im planungsrechtlichen Außenbereich ein (eingeschränktes) allgemeines Wohngebiet fest. Der Bebauungsplan wurde im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB ohne Umweltprüfung aufgestellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag als unbegründet abgewiesen. Die Durchführung des beschleunigten Verfahrens begegne keinen Bedenken. § 13b BauGB sei mit der SUP-Richtlinie vereinbar, seine Tatbestandsvoraussetzungen lägen vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil aufgehoben und den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Der Plan leidet an einem beachtlichen Verfahrensfehler im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Er ist zu Unrecht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 BauGB erlassen worden. Die Vorschrift verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 der SUP-RL. Art. 3 Abs. 1 SUP-RL verlangt eine Umweltprüfung für alle Pläne nach den Absätzen 2 bis 4, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Ob dies der Fall ist, bestimmen die Mitgliedstaaten für die in den Absätzen 3 und 4 genannten Pläne entweder durch Einzelfallprüfung, Artfestlegung oder eine Kombination dieser Ansätze (Art. 3 Abs. 5 SUP-RL). Der nationale Gesetzgeber hat sich in § 13b BauGB für eine Artfestlegung entschieden. Diese muss nach der Rechtsprechung des zur Auslegung des Unionsrechts berufenen Europäischen Gerichtshofs gewährleisten, dass erhebliche Umweltauswirkungen in jedem Fall von vornherein ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber darf sich folglich nicht mit einer typisierenden Betrachtungsweise oder Pauschalierung begnügen. ... "